DER ORDEN
Wir verstehen uns seit über 250 Jahren als christlicher, toleranter, nichtkirchlicher Freimaurerorden mit einem durchgängigen mehrstufigen Ritualsystem, also einem integrierten Hochgradsystem (Vertiefungsgrade) mit aktuell über 3.500 Mitgliedern, die sich untereinander Brüder nennen.
Der Freimaurerorden ist ein christlicher Orden, unsere Freimaurerei eine christliche: und dennoch ist der Orden wie auch die Freimaurerei keine Religion oder Glaubens-gemeinschaft, keine klerikale Hierarchie oder eigene Kirche.
Freimaurerei hat zu allererst etwas mit Freiheit zu tun - Freiheit des Denkens, der Überzeugungen, der Konfessionen und auch des Glaubens. Gleichwohl hat "Orden" etwas mit Ordnung zu tun, dem "sich in Ordnung bringen", dem orientieren an der Ordnung der Natur in ihrer Gewalt und ihrer Schönheit. Und hier schließen sich die Begriffe und Vorstellungen vom "Christlichen" und seiner "Ordnung" zusammen zu einer Inspiration, zu einer "Königlichen Kunst", die den Gründervätern um Johann Wilhelm Kellner von Zinnendorf 1770 in Gestalt christlicher Bruder- und Ordens-gemeinschaften vorschwebte.
Natur und Kunst, sie scheinen sich zu fliehen,
Und haben sich, eh' man es denkt, gefunden;
Der Widerwille ist auch mir verschwunden,
Und beide scheinen gleich mich anzuziehen.
Es gilt wohl nur ein redliches Bemühen!
Und wenn wir erst in abgemeßnen Stunden;
Mit Geist und Fleiß uns an die Kunst gebunden,
Mag frei Natur im Herzen wieder glühen.
So ist's mit aller Bildung auch beschaffen:
Vergebens werden ungebundne Geister
Nach der Vollendung reiner Höhe streben.
Wer Großes will, muß sich zusammenraffen:
In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister,
Und das Gesetz nur kann uns Freiheit geben.
("Natur und Kunst" - Johann Wolfgang von Goethe)
Dieses Wort Ordnung begegnet uns in der christlichen Freimaurerei des Zinnendorfschen Systems beinahe überall. "In Ordnung" halten ist dabei ein Balanceakt zwischen dem Bewahren von Wesentlichem und dem Restaurieren und Erneuern von Verfallenem. Dabei liegt gerade in der sinnstiftenden Unterscheidung und dem Verteilen von Aufgaben im maurerischen Zusammenleben das Wesen der Ordnung. Dafür braucht es eine klar erkennbare Struktur, ein Ordensprofil, das zu einem vollkommeneren Ganzen regiert und geleitet wird.
Der Freimaureroden folgt nach seinem Gründungsvater von Zinnendorf dem sog. Zinnendorfschem System, welches sich in Ritual und Brauchtum im Wesentlichen der Schwedische Lehrart anschließt. Gegründet 1770 arbeitet der Orden in einem zehnstufigen System von Graden oder Erkenntnisstufen, die sich in drei Ordensabteilungen aufteilen:
- den Johannislogen, auch "blaue Logen" genannt, die die ersten drei Grade (Lehrling, Geselle, Meister) bearbeiten,
- den Andreaslogen, die in die Grade IV-VI führen und dem
- Kapitel, welches mit den Grade VII-X den sprituellen Weg des Menschen fördert und begleitet.
Ein dreistufiger Weg der eigenen Erkenntnis des Erkennbaren, der weit führt und vielen Zielen Raum gibt und doch verlässt ein Bruder mit dem Fortgang seines maurerischen Weges nicht eine Loge in die andere, sondern bleibt stets verwurzelt in seiner Johannisloge. Die Johannisloge, in die ein Suchender aufgenommen wurde, bildet und bleibt auch immer die eigentliche maurerische Heimat eines jeden Bruders.
Das werdende Gesetz der Freiheit - wie es in Goethes Wahlverwandschaften an anderer Stelle heißt - ist eine Forderung der inneren wie äußeren Arbeit des Individuums und seines Wirkens in der Gemeinschaft. Diese geordnete Freiheit macht den Freimaurer aus und leitet ihn auf seinem Weg zur "Vollendung reiner Höhe".